Die Poetik des (öffentlichen) Raumes
DIESE Studio
Darmstadt
23–01–2020
by Maximilian Wahlich
Am Georg-Büchner-Platz in Darmstadt steht bereits die Bühnenarchitektur für Bauwhat?, ein Festival, das anlässlich des 100-jährigen Bauhaus-Jubliäums letzten Jahres nach der Aktualität der Kunstschule fragt. Unser Redakteur Maximilian Wahlich traf sich mit Arne Schneider und Jurek Werth von dem Gestaltungskollektiv DIESE Studio, um über ihre tägliche Praxis und das Potential von öffentlichen Räume zu sprechen.

Bauwhat?, 2019, Georg-Büchner-Platz, Darmstadt. Courtesy and photograph: DIESE Studio

MW Zum Einstieg wollte ich fragen, wie DIESE Studio entstanden ist und welche Disziplinen ihr heute unter euch vereint?
Arne Schneider Die meisten in unserem Team sind Kommunikationsdesigner oder Architekten, aber wir arbeiten auch mit Fotografen und einen Produktdesigner. So vereinen wir Leute aus den gestaltenden Disziplinen, dazu würde ich auch das Handwerk zählen, weil man im Prozess immer wieder Entscheidungen treffen muss, die über das Konstruktive hinaus gehen und oft gestalterischer Natur sind.
Kennengelernt haben wir uns alle in Das Blumen e.V., einem Kulturverein in Darmstadt. Begonnen hat alles mit der Leerstandsbespielung von einem alten Blumenladen, daher auch der Name. Das Programm bestand aus kleineren Ausstellungen, Konzerten, Partys, Kleinkunst und Theater. Die Location wurde später abgerissen, als der Ort zusehends auch von anderen Institutionen bespielt wurde. Wir haben da auf ehrenamtlicher Basis fünf, sechs Jahre zusammengearbeitet.
MW Gibt es den Das Blumen e.V. noch immer?
AS Ja, es gibt den Verein noch.
Jurek Werth Momentan allerdings ohne öffentlichen Ort. Der Verein hat zwar ein Vereinsheim, aber leider keines, das er nach Außen öffnen kann. Das Blumen e.V: definiert sich vorwiegend als Verein, der Kultur einen Platz geben sollte. Da wir uns als gestaltende Handwerker, Architekten und Designer gefunden hatten, konnten wir jedes Setting so umbauen, wie wir es brauchten. Diese Eigenschaft war schon von Anfang an der Grundstein für DIESE Studio.
AS 2017 gab es eine Auftragsarbeit vom Staatstheater Darmstadt für die Hessischen Theatertage. Während der Arbeit haben wir erkannt, dass Das Blumen immer aus sich heraus agierte und das macht, worauf es Lust hatte. Doch auf einmal gab es da einen Auftraggeber, der bestimmte Wünsche hatte. Wir wollten aber verhindern, dass Das Blumen ein Dienstleister wird und so haben wir beschlossen, dass der Verein weiterhin Kultur ehrenamtlich fördern und eine Plattform hierfür zur Verfügung soll – unabhängig von finanziellen Interessen. Und so kam der Schritt zur Selbstständigkeit. Jetzt sind wir ein Kollektiv aus 7 Leuten, im Verein waren wir zwischenzeitlich 20.
JW Die meisten von uns haben in dieser Zeit auch ihr Studium beendet. Für mich war klar, dass wir das, was wir mit den anderen gemacht haben auch gerne hauptberuflich weiter machen würden und entwickeln möchten. So haben wir das Kollektiv gegründet und versucht als professionelle Firma aufzutreten.

Stephan Junglas and Jonas Huhn, 'Come Closer', exhibition view, Das Blumen e.V., Hügelstrasse 77, Darmstadt. Courtesy: the artists and Das Blumen e.V.

Das Blumen e.V., Hügelstrasse 77, Darmstadt. Courtesy: Das Blumen e.V.

MW Wie kommt ihr an eure Aufträge? Bewerbt ihr euch bspw. bei Wettbewerben oder werden euch die Aufträge zugespielt?
AS Vor allem über die zweite Variante. Wir wollen und müssen bei den Auftragsarbeiten auch häufig über den klassischen Auftragnehmer hinaus agieren. Oft wird etwas verlangt, das einen großen Überblick erfordert, wie z.B. das Festival für die Darmstädter Sezession. Viele Kunden können das allein gar nicht leisten. Wir bringen also unsere Expertise aus Das Blumen mit, wo wir genau an diesen Überschneidungen zwischen dem Bauen und Gestalten, mit dem tatsächlichen Planen von Veranstaltungen gearbeitet haben. Das heißt auch, dass manchmal im Vertrag festgehalten wird, dass wir als Partner mit ins Boot geholt werden und die Projekte dann von der Pike auf mitentwickeln.
JW Wir haben einfach immer wieder festgestellt, dass die Auftraggeber mit einer klaren Vorstellung zu uns kommen und nur ihr Partialinteresse im Blick haben. Würden wir den Auftrag dann einfach nur entgegennehmen, liefen wir Gefahr vielleicht jemanden vor den Kopf zu stoßen oder ein paar Akteure nicht einzubinden, die es nun mal im öffentlichen Raum gibt. Es ist eben auch die Art wie wir arbeiten, dass wir nicht nur die Interessen des Auftraggebers aufnehmen, sondern erst mal kritisch auf die Aufgabenstellung gucken. Wir drehen dann so lange an den Rädchen, dass wir vielleicht doch noch eine Zielgruppe mit ins Boot holen oder sich Synergien mit lokalen Gruppen ergeben. Wir sehen es als unsere Hauptaufgabe als Gestalter die Fürsorge dafür zu tragen und sensibler zu agieren als nur „wir bauen da jetzt auf dem Bauplatz ein Haus, und das wird so wie es der Kunde will“. Ich glaube für die letzten zwei großen Projekte, Kranichstein und Bauwhat? kann man durchaus sagen, dass sich die anfängliche Aufgabenstellung von dem Endergebnis ein bisschen abweicht. Als wir vom Staatstheater angefragt wurden, in Kranichstein diese Bühne zu bauen, lautete die Aufgabenstellung noch, da eine schöne Kunstinstallation zu machen. Und da haben wir gedacht, dass wir in einem Stadtteil mit so starker Identität und seinem schlechten Ruf als „Problemviertel“ nicht einfach das Alien Hochkultur-Theater reinschmeißen können. Nach vielen Diskussionen haben wir eine Bühne entworfen, die zusammen mit den Leuten aus dem Viertel entstehen sollte. Wir versuchten aktiv die Leute mit an den Tisch zu bekommen und sie haben die Bühne dann angemalt.

Mattis Kuhn, 'Nothing Is Really Originial', exhibition view, Das Blumen e.V., Hügelstrasse 77, Darmstadt. Courtesy: the artists and Das Blumen e.V

MW Positioniert ihr euch eigentlich auch gegenüber dem Wohnungsmarkt, den immer teurer werdenden Städten?
AS Eher indirekt. Also direkt adressiert haben wir das bis jetzt nicht, kann aber sein, dass wir das mal machen. Natürlich kann es passieren, dass wir eine Plattform dafür bieten. Wenn das jetzt zum Beispiel hier bei Bauwhat? von den Studierenden thematisiert wird, dann ist das eben Thema. Genau das ist das Spannende an dem Projekt, dass wir am Anfang nicht wussten, was passiert, weil die Studierenden das eigentlich bestimmen.
MW Ihr habt sozusagen eine Art Bühnenarchitektur, ein großes Display für verschiedene Themen gebaut...
AS Das ist das Schöne am öffentlichen Raum: Es kann eigentlich alles passieren und wenn man bloß einen kleinen Impuls gibt, erhöht man das Potential für andere Sachen, die passieren können. In dem Moment, in dem man ein Podium dahin setzt, können auf einmal viel besser (Podiums)Diskussionen stattfinden oder eine Bühnenarchitektur führt zum Theaterspielen und nutzen sie lediglich zum Sitzen.
MW Welches Menschenbild habt ihr bei euren Entwürfen?
AS Er soll nicht nur konsumieren, er soll sich den Ort selbst aneignen und nutzen können.
JW Es ist wichtig, wie der Stuhl aussieht wie er gebaut ist und wie er genutzt wird.
AS Und dass der Stuhl so schnell wie möglich genutzt wird.
JW Ja, wir wissen, dass Architektur zwar relativ viel kann, aber diese Features müssen vor der Gestaltung programmiert werden und das ist nun mal ein interaktiver Prozess. Dafür müssen Anreize geschaffen werden. Manchmal erstellen die Auftraggeber selbst das Programm, manchmal machen wir das.

Bauwhat?, 2019, Georg-Büchner-Platz, Darmstadt. Courtesy and photograph: DIESE Studio

MW Und wie erreicht ihr diese Aneignung? Wie geht ihr da bei einem neuen Auftrag vor?
JW Grundsätzlich ist jedes Projekt aufs Neue spannend und ich glaub, da macht die Interdisziplinarität von DIESE Studio auch einfach Spaß, weil die Designer oft sehr Knalliges und Zeitgemäßes entwerfen, während wir Architekten oft eher ein bisschen zu leiseren Tönen tendieren. Am Ende wird das dann sehr stark vermischt, weil wir zusammen entwerfen und schließlich miteinander verbinden. Ein bisschen wie eine große Spielwiese oder ein „Case Study“, wo man die Wirkung bei den Leuten sehen kann.
Bei Bauwhat? ist noch eine Summer School obendrauf geklickt. Daher war uns wichtig, dass der Freiraum für die Studierenden im Entwurf sichtbar ist. Das heißt wir haben unsere Autorschaft relativ neutral gehalten und versucht einen Rahmen zu entwickeln, der von den Studierenden bespielt werden kann. Wenn man die Aufgabenstellung richtig nimmt und auch die Gestaltung, das ist zumindest das, wovon wir überzeugt sind, schafft man es, wenigstens keine Grenzen aufzubauen, sondern Sachen zusammen zu bringen.

Bauwhat?, 2019, Georg-Büchner-Platz, Darmstadt. Courtesy and photograph: DIESE Studio

Bei Bauwhat? haben wir mit der Summer School einen starken inhaltlichen Aufbau vorweg gesetzt. Wir hatten uns also mit den Studierenden in zwei Workshops getroffen und überlegt was eine neue Gestaltungsschule heute überhaupt braucht. Der Prozess mit den Studierenden bei Bauwhat? ging sehr stark in eine basisdemokratische Richtung. Diese Inhalte und der konzeptionelle Aufbau wurden in eine Form übersetzt. Dazu bedienen wir uns mal hier, mal da. Das Schöne an den temporären Projekten ist, dass wir ein bisschen spielerischer und lauter sein können. So was ginge nicht mit einem Haus, dass für 30, 50, 80 Jahre geplant ist, weil wir dann eine andere Verantwortung der Stadt gegenüber hätten. Und nun wurde auf den Platz was zunächst Befremdliches hingeworfen, was gleichzeitig als Begegnungsraum konzipiert ist. Das heißt, dadurch, dass da auf einmal ein sehr cleanes, sehr pompöses, bisschen barockes Schiff gelandet ist, kam auf einmal eine andere Klientel auf den Platz. Sie fühlen sich angezogen, während wir andere Gruppen vermutlich verdrängt haben.
Wir versuchen relativ flexibel auf jede Aufgabenstellung zu reagieren. Wir fragen uns natürlich immer was wir erreichen und andererseits, welche Form wir bilden wollen, welche Sprache wir sprechen, was wir mit den Formen kommunizieren wollen?
MW Worin seht ihr euren gesellschaftlichen Auftrag?
JW In der Intervention. Wir setzten einen Nadelstich, um die Situation und die Aufmerksamkeit zu verändern. Hier, bei Bauwhat? greifen wir in die Platzgestaltung ein, dann fangen die Leute wieder an sich anders damit auseinander zu setzten.
AS Was für uns auch immer eine wichtige Rolle spielt ist die Programmierung von dem was wir bauen. Wir wollen das Gefühl transportieren sich damit auseinander setzten zu können. Wir wollen die Leute anregen die Dinge wieder mehr selbst zu benutzen. In Kranichstein läuft das tatsächlich relativ banal ab. Diese Bühne stand für 5 Wochen 24 Stunden einfach auf dieser Wiese und alle zwei Tage kommt das Theater und bespielt das für eine Stunde, die restliche Zeit ist die Bühne frei nutzbar.

DIESE Studio, Quartiersteppich Kranichstein, 2019. Courtesy and photograph: DIESE Studio

DIESE Studio, Quartiersteppich Kranichstein, 2019. Courtesy and photograph: DIESE Studio

MW Welches Verständnis habt ihr von den Konstrukteur*innen bzw. Architekt*innen?
JW Die klare Trennung von white-collored-Architekt und blue-collored-Bauarbeiter ist sicher etwas, das wir nicht mit dem modernen Verständnis von Architekten teilen. Wir glauben das gebaute Ergebnis wird am Ende besser, wenn man das Handwerk als gestaltende Disziplin anerkennt.
AS Ja, für mich ist das auch die Erfahrung aus der Vergangenheit. Die Dombaumeister waren als gelernte Steinmetze die ersten Architekten.
JW Da schrabbt man natürlich schnell der Nostalgie entlang (lacht). Wir müssen da etwas aufpassen, weil wir uns natürlich vorwerfen kann, dass wir das Handwerk so hochhalten und verklären. Trotzdem glaube ich, dass es für den Bau essentielle Vorteile gibt, wenn man Handwerk und Entwerfen verbindet.
AS Außerdem schweißt das gemeinsame Gestalten während dem Bauen zusammen. Man hat mit einer anderen Person ein gemeinsames Ziel und wenn man das Ziel erreicht, hat man direkt einen ganz anderen persönlichen Bezug dazu. Das kann ganz schnell integrativ wirken, egal mit wem man zusammenarbeitet. Diese Erfahrungen würden wir gerne mit anderen teilen.
MW Könnte man eure Bauten in die Kategorien „Bühnenarchitektur“ oder „Display“ oder „Szenographien“ stecken?
JW Ja, schon. Also was wir bei Bauwhat? machen ist relativ nah an einer Szenographie. Ich glaub die Grenzen sind fließend. Ich würde auch sagen, Ausstellungsarchitektur ist eine Form von „richtiger“ Hochbauarchitektur, weil die Entwurfsaufgabe grundlegend dieselbe ist. Ich glaub es gibt relativ viele Old-School Architekten, die das vielleicht anders sehen würden, aber für uns ist das einfach ein anderer Zugang. Dadurch, dass wir den Maßstab so klein halten, haben wir eine viel bessere Kontrolle über unsere Architektur. Wir können viel besser beeinflussen, beurteilen – in dem Sinne sind wir Urheber von dem was wir machen – und gerade wegen unserem Zugang können wir auch wieder größer Denken. Wir haben nämlich das Gefühl, dass die Rolle des Architekten in großen Büros und größeren Strukturen dagegen immer kleiner wird.

DIESE Studio, Quartiersteppich Kranichstein, 2019. Courtesy and photograph: DIESE Studio

MW Da gerade das Stichwort Raum aufkam, frage ich mich, ob ihr eine bestimmte Definition und Praxis von Raum habt?
JW Wir arbeiten ja viel mit Designern zusammen und da diskutieren wir natürlich immer was wir ausbilden möchten. Bei Bauwhat? haben wir ja diese Schaufassade, die sehr stark mit Bildern der „Moderne“ spielt, vielleicht mit einem kulturellen Erbe, das Leute auch lesen können. Aber dann gibt es auch immer eine zweite Ebene, wo wir mit der Raumwirkung spielen, d.h. einer körperlichen Ebene.
Bei den temporären Projekten können wir einerseits sehr lautmalerisch ein Bild rausbringen, können aber immer noch Raumsituationen oder Raumatmosphären austesten. Das kann man hier schon ganz schön sehen, wenn zum Beispiel die Raumhöhen, -tiefen und -proportionen variieren. Wir fragen uns dann, wie sich dieser Raum für denjenigen, der ihn nutzt, anfühlen soll. Dabei trennen wir Funktion und Wirkung. Die Stimmung von einem Raum muss nicht laut sein, die geht ja nicht nach draußen, sie ist was, wo man rein geht und beobachtet, wie sie sich verhält.
MW Beobachtet ihr eure Projekte auch noch über die Bauphase hinaus weiter?
JW Ja, wir haben ein Auge drauf. In Kranichstein waren wir noch nicht so oft, aber da hören wir immer mal nach und dann sind wir auch selber mal da. Wir versuchen auch so ein bisschen zu gucken, um Schlüsse daraus zu ziehen, bisschen reflektieren.
AS Es taucht auch immer wieder auf „Erinnere dich, wie es da war...“, „Weißt du noch, da haben wir das gemacht...“ oder „Da ist uns das passiert...“. Das sind genau die Erfahrungen, von denen wir und unsere Auftraggeber profitieren.

DIESE Studio, 100 Jahre Darmstädter Sezession, 2019, central station Darmstadt. Courtesy and photograph: DIESE Studio

MW Wie ist die Auftragslage für eure gesellschaftlichen Projekte?
JW Vielleicht muss man an der Stelle auch sagen, dass unsere kulturellen Projekte von der Finanzierung schon eher schwierig sind. Da bleibt zwar was hängen, aber wir müssen trotzdem mehr finanziert werden, das heißt wir gehen immer mal wieder raus und machen eher klassische Jobs. Eine Projektidee, die uns immer noch vorschwebt, ist eine offene Stadtteilwerkstatt. Die könnte durch die Stadtteile reisen oder fest installiert werden. Wichtig ist nur der Typus einer Werkstatt. Man kann dort zusammen fertigen und untereinander helfen. Zum Beispiel könnten dort ein paar Handwerksmeister anleiten und man würde den Leuten wieder Tools in die Hand geben. Weg vom „Ich kann nichts machen und brauch für alles einen Handwerker“ und sich wieder um sich selbst kümmern können. Ich glaub, dem wohnt eine große Kraft inne.
AS Der Ort könnte auch zum Treffpunkt oder Austauschort werden. Wenn die Menschen merken, dass sie selbst im Kleinen was bewirken, hätte man vielleicht auch wieder eine indirekte Auswirkung auf die steigenden Wohnungspreise? So kannst du die Keimzelle des Widerstands bilden (lacht).
JW Wir müssen da natürlich leider auch aufpassen, weil wir mit solchen Projekten immer am Gentrifizierungs-Rad mitdrehen. Man sollte sich bewusst sein, dass solche Place-Making-Projekte einfach gerne von großen Entwicklern benutzt werden. Wir stecken da immer mit drin und kommen nie ganz raus.
MW Vielleicht ist auch gerade das Temporäre ein Schutz davor, weil man ab dem Moment für Investoren und längerfristige Anlagen nutzlos wird.
AS Ja, weil auch die meisten unserer Projekte akustisch sehr laut sind. Für die Anwohner*innen sind wir eigentlich nervig (lacht). Und da ist die öffentliche Hand natürlich auch ein dankbarer Auftraggeber.

DIESE Studio, 100 Jahre Darmstädter Sezession, 2019, Darmstadt. Courtesy and photograph: DIESE Studio

MW Bislang hattet ihr vor allem Auftraggeber der öffentlichen Hand?
AS Ja, meistens. Für das Staatstheater haben wir öfters gearbeitet, einmal auch für die Stadt.
JW Bei der Darmstädter Sezession war es der Kunstverein, die haben dann natürlich selber Fördergelder über Kulturförderungen geholt. Diese Projekte laufen über Förderungen, weil es in der freien Wirtschaft einfach keinen Anreiz gibt so was zu unterstützen.
AS Dabei ist eines unserer Statements, dass gerade die Kultur so eine Mühe, so eine Gestaltung verdient hat, weil sie so unglaublich wichtig ist. Öffentliche Förderer haben da naturgemäß die meisten Überschneidungen mit unseren Interessen.
MW Verfolgt ihr, ähnlich wie manche öffentlichen Institutionen, einen bildungspolitischen Auftrag?
JW Ich würde schon sagen, dass wir versuchen einen Beitrag zu leisten. In Kranichstein war es so, dass man die Hochkultur Theater niedrigschwelliger macht. Ich glaub es ist dann auch unsere Aufgabe, Berührungspunkte zu schaffen.
AS Aber es soll nie einen erzieherischen Charakter annehmen.
JW Wir versuchen die Waage zu halten. Ich glaube, ohne den gesellschaftlichen Auftrag würden wir langzeitig nicht glücklich werden. Ich glaub auch, dass es wichtig ist, Stellung zu beziehen mit dem was wir machen. Und Stellung beziehen geht nicht ohne eine Aussage zu treffen, die auch Widerworte bekommt. Kann man das so sagen?
AS Ich find es nachvollziehbar (lacht).
DIESE Studio ist ein Gestaltungsbüro aus Darmstadt. Entstanden aus dem Kulturverein Das Blumen e.V. entwickelten sie sich uns zu einem interdisziplinär arbeitenden Kollektiv. In ihrer Arbeit hinterfragen sie das gängigen Rollenverständnis nach Innen und Außen: Architekten, Gestalter sowie Bürger*innen – alle Seiten können gleichermaßen Akteur*innen und Expert*innen sein. Es sollen Orte entstehen, die das gesellschaftliche Zusammenleben prägen und den Dialog von Gestaltung und Gesellschaft fördern.